Wir bedanken uns für eure Solidarität und für den Friedenspreis. Dieser Preis geht nicht an uns, sondern er geht an unsere Familien und alle Menschen in Gaza, die sich seit Jahren der Besatzung und der Unmenschlichkeit widersetzen. Und der Preis geht an alle Menschen hier, die sich von der Repression nicht entmutigen lassen.

Wir sind der Leipziger Friedensbewegung und dem Bündnis Leipzig gegen Krieg dankbar, die trotz der Diffamierung der Friedensbewegung zu ihrem Ziel stehen, und zwar für Frieden in Zeiten einer beispiellosen Aufrüstung und Kriegsrhetorik.

Nach den beschlossenen 100 Milliarden Sondervermögen vor zwei Jahren fordert jetzt der Verteidigungsminister noch mehr „Kriegstüchtigkeit“ der Bundesrepublik und Habeck begrüßt und befeuert ein Hochfahren der Rüstungsproduktion. Bereits seit Februar 2022 wird in der öffentlichen Debatte so getan, als ob die Forderung nach Frieden dumm und naiv wäre und als ob alle kritische Stimmen „Putin-Versteher“ wären.

Ähnlich werden wir jetzt mit haltlosen Vorwürfen des Antisemitismus diffamiert, wir sagen hier noch einmal in aller Deutlichkeit: wir sind gegen Kolonialismus unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit der Kolonialherren – ja wir sind gegen Kolonialismus auch wenn die Kolonialherren zufällig Juden sind –  und so sind es unsere jüdischen Freund*Innen und Genoss*Innen die mit uns kämpfen und sich weigern, als JüdInnen mit dem Staat Israel gleichgesetzt zu werden, und sich weigern sich von Nazi-Enkeln vorschreiben zu lassen, Zionismus und Apartheid gut zu finden.

Die hysterische Propaganda zur Rechtfertigung des Kriegskurses und die massive Repression der Palästina-Solidarität zeigen nur, dass der Konsens wackelt: der Großteil der deutschen Bevölkerung ist gegen die Aufrüstung und der Durchschnittsdeutsche erkennt durchaus, dass der Mediendiskurs bellizistisch ist.

Danke Euch, dass ihr weiter gegen die Propaganda der Bundesregierung auf die Straßen mobilisiert, und dass ihr nicht müde werdet zu wiederholen und zu schreien, dass kein Krieg des Imperialismus in unserem Interesse ist, und dass die Aufstockung des Militäretats mit dem Geld bezahlt wird, das hier den Schulen und dem Gesundheitssystem entzogen wird. Es ist jetzt notwendiger denn je, dass es Euch gibt!

Während JuristInnen eine Strafanzeige gegen Mitglieder der Bundesregierung wegen Beihilfe zum Völkermord erhoben haben und Nicaragua die Bundesrepublik vor dem Internationalen Gerichtshof ebenso angeklagte, hat die Bundesregierung allein letztes Jahr über 300 Millionen Euro Rüstungsexporte nach Israel genehmigt.

Im Gazastreifen besteht laut der Klage Nicaraguas seit Oktober 2023 „die anerkannte Gefahr eines Völkermordes am palästinensischen Volk“. Aber auch in dieser Woche, zehn Tage bevor sich die Bundesrepublik vor dem internationalen Gerichtshof dafür verantworten muss, den Völkermord nicht zu verhindern und gar weiter zu ermöglichen, wurde die Anfrage an die Bundesregierung nach einem Export-Stopp nach Israel negativ beantwortet: das Bekenntnis zur deutschen Staatsräson schließt weiterhin Rüstungsexporte nach Israel mit ein. Ebenso weigert sich die Bundesregierung weiterhin, die Zahlungen an das humanitäre Hilfswerk für die palästinensischen Flüchtlinge UNRWA in Gaza wieder aufzunehmen. Zwar redet jetzt auch Baerbock von der „Hölle von Gaza“, aber die Hölle soll weitergehen.

In Gaza sind seit dem siebten Oktober über 32.000 Menschen getötet worden, darunter 70% Frauen und Kinder, darunter das erste Dutzend an Hunger Verstorbenen, weil Israel weiterhin die Hilfskonvois nicht in den belagerten Gazastreifen lässt, obwohl der internationale Gerichtshof dies im Februar 2024 angeordnet hatte. Darunter sind auch die ersten Ertrunkenen, die den verzweifelten Versuch, an die ins Meer geworfenen Hilfspakete zu kommen, nicht überlebt haben. Aus Gaza erreichen uns zahlreiche Videos vom gezielten Beschuss der Krankenhäuser und von gezielten Exekutionen von ZivilistInnen, manche sogar mit erhobenen Armen oder einer weißen Flaggen.

Ein Livestream-Genozid mit voller amerikanischer und deutscher Unterstützung:
ein Drittel der Waffen, die Israel einsetzt, kommen aus Deutschland.

Daher halten wir die halbherzigen Rufe aus anderen vermeintlich progressiven politischen Lagern nach einem Waffenstillstand und „einer besseren Versorgung der Zivilbevölkerung“, für viel zu wenig.  Diese Rufe werden erst jetzt laut, nach fünf Monaten komplizenhafter Stille und 14.000 ermordeten Kindern – das sind 28 große Grundschulen Leipzigs und weitere fast 5.000 Kinder gelten als vermisst unter den Trümmern.

Die Menschen Gazas brauchen nicht nur eine bessere Versorgung, sondern eine Aufhebung der völkerrechtswidrigen Blockade, die seit 17 Jahren besteht, sie brauchen nicht nur einen Waffenstillstand, sondern ein Ende der völkerrechtswidrigen Besatzung und der Apartheid.

In Verhältnissen der Unterdrückung reicht es nicht, seinen Einsatz für Demokratie, Menschenrechte und Frieden mit bereitgelegten bunten „Demokratie“-Zetteln
auf Opernsesseln zu demonstrieren.

Wir verstehen den Gedanken der Völkerverständigung und der Ablehnung von Gewalt als eine Ablehnung kolonialer und imperialistischer Gewalt,
als Ablehnung kolonialer und imperialistischer Unterdrückung.

Wir weigern uns, den Unterdrückten ihr völkerrechtlich verbrieftes Recht auf Widerstand und Freiheit abzusprechen, weil uns der Widerstand von unserem bequemen Sofa aus vielleicht nicht gefällt, und wir weigern uns, die Besatzer und die Besetzten zu verwechseln. Es ist immer die Brutalität der Unterdrückung, die den Grad an Brutalität des Widerstands bestimmt, nie andersherum. Wir sind der Überzeugung, dass Völkerverständigung nur in Freiheit und Gleichheit stattfinden kann.

Wir wollen nicht nur Frieden, wir wollen einen gerechten Frieden.

Für Steinmeier, der zur Buchmesse seine Meinungsverschiedenheit ausdrückte, herrschte am sechsten Oktober in Palästina vermeintlich Frieden. Die Geschichte hat aber nicht am siebten Oktober angefangen. Für die Palästinenser herrschte am sechsten Oktober militärische Besatzung, Landkonfiszierung, Masseninhaftierung ohne Anklage, Entrechtung und Entwürdigung.

Heute vor 52 Jahren, am 30.03.1976, protestierten die PalästinenserInnen bereits gegen die Annexion von Tausenden von Hektar Land durch den israelischen Staat und die Proteste wurden blutig niedergeschlagen mit zahlreichen Toten. Landnahme als Mittel der Kolonisierung – ähnlich wie in den USA und in Australien gegen die indigene Bevölkerung – bedeutet Zerstörung der Lebensgrundlage und die Vertreibung geht seit der Staatsgründung Israels unbeirrt weiter, sei es in der Westbank, in der Naqab-Region oder allzu deutlich nun in Gaza.

Der 30. März wurde zum Nationaltag des Bodens und ist ein Tag der Erinnerung an das verbriefte Recht der Palästinenser auf Rückkehr und die Befreiung vom zionistischen Siedlerkolonialismus.

Im Jahr 2018 wurde der Tag des Bodens Anlass für die Menschen in Gaza für einen großen Marsch: Tausende von eingeschlossenen Menschen im belagerten Gaza versammelten sich zum „Großen Marsch der Rückkehr“ – monatelang dauerte der Versuch der Tausenden unbewaffneten Männer, Frauen, Kinder, Schüler*, Studenten*, Journalisten*, Ärzte* – die Zäune zu überwinden und aus dem Freiluftgefängnis auszubrechen.

Die zionistische Besatzungsmacht machte unter ihnen keinen Unterschied
und erschoss hunderte Protestierende.

Die Geschichte, liebe Freund*innen und Genoss*innen, hat nicht am siebten Oktober angefangen und das ist auch nicht eine Frage der Meinungsverschiedenheit. Die Geschichte Palästinas ist eine jahrzehntelange Geschichte von brutaler Unterdrückung und Entrechtung und wir sind solidarisch mit den Menschen, die sich gegen jahrzehntelanges Unrecht wehren und standhaft bleiben.

Liebe Friedensaktivist*innen, liebe Genoss*innen, heute sind wir Euch besonders dankbar dafür, dass ihr an unserer Seite für einen gerechten Frieden steht und dass wir zusammen auf die Straße gehen. Und dafür, dass ihr damit den Mut zur revolutionärsten Tat beweist und zwar zu sagen was ist: wer auf die Straße gegen die Hölle von Gaza geht und gegen die finanzielle, politische und militärische Komplizenschaft der Bundesregierung laut wird ist weder Antisemit noch Hamas-Anhänger, sondern Antifaschist, der aus der Erfahrung des europäischen Faschismus die einzige richtige Lehre gezogen hat: Nie wieder heißt nie wieder für alle!

Nie wieder jetzt! Freiheit für die Unterdrückten! Freiheit für Palästina!

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